Hi zusammen,
ich wollte hier mal wieder was schrieben, hatte ich doch diese Woche die Gelegenheit für einen Tag einen 718 Schalter (ohne S) zu fahren.
Was sind meine Eindrücke?
Vorab: Das Auto fährt sich sehr harmonisch und unspektakulär, ohne echte Höhen und Tiefen. Ich steige ein und fühle mich wohl, alles bedient sich so wie ich es mir vorstelle, es gibt keine größeren Fragen, das Auto passt mit wie ein Schuh und auf alle Fälle besser als die Konkurrenz aus Stuttgart oder München.
Damit ist aber eigentlich auch schon alles gesagt. Neben anerkennendem Nicken bleiben echte Emotionen zumindest bei mir komplett auf der Strecke.
Das hat auch nichts mit 4-Zylinder oder dessen Sound zu tun, das Auto ist einfach- wie schon oben erwähnt- harmonisch und unspektakulär.
Der Motor nimmt nach einer ganz leichten Anfahrtsschwäche gut Gas an und dreht sauber hoch, die Gänge passen, die Schaltung ist präzise, alles gut.
Wenn man sich jetzt die technischen Daten für den Nicht-S als Schalter ansieht
300 PS,
5,1 Sek auf 100km/h,
275 km/h Spitze und
1335 kg Leergewicht nach DIN
sind das Werte, für die man in den 80ern eine 930 turbo (S) benötigte.
Trotzdem fährt der 718 wahrscheinlich Kreise um den 930 und das mit wenig Stress, geringerem Verbrauch und viel weniger fahrerischem Aufwand…aber auch weniger Endorphinausschüttung.
Mit diesem Leistungsvermögen sind wir aber auch schon beim nächsten Thema: Die 300 PS sind für mich im öffentlichen Verkehr jederzeit mehr als ausreichend. Ich hatte ein regelrechtes Déjà-vu und wurde wieder an einen der Hautgründe erinnert, warum ich mich vor 3 Jahren von meinem Elfer getrennt habe: Ich sehe hier in der Gegend ständig Tempo 70 Schilder, die ich mit meinem smart seitdem kaum mehr wahrnehme. Man kann wieder- selbst wenn es der Verkehr zulässt- kein Wohlfühltempo fahren und muss sich ständig einbremsen, sonst ist man sofort weit drüber.
Was mich dabei auch gewundert hat, war der angezeigt Durchschnittsverbrauch von 10,5 Litern, aber ich denke, dass hier ein Messfehler vorlag, soviel wird es bei dem verordneten Geschleiche kaum gewesen sein.
Und weil ich gerade vom rumschleichen rede: Der Langsamfahrkomfort ist auch mit dem Schalter sehr gut. Er bockelt nicht, will sich nicht aufschaukeln, fährt sauber und soft an und auch die Bedienkräfte sind sehr angenehm. Kurzum: Frankfurt nachmittags zur Rushhour bringt einen nicht an den Rand des Nervenzusammenbruchs, das klappt sehr gut. Auch Kopfsteinpflaster wird offen ohne Karosseriezittern und irgendwelche Klappergeräusche weggesteckt.
Da haben wir es wieder: Sehr harmonisch und unspektakulär.
Zum Fahrwerk, soweit ich das ausprobieren konnte: Trotz 19 Zoll Bereifung komfortabel aber auch ohne den Ansatz von Schwammigkeit, super neutral in schnellen Kurven, das Fahrwerk gibt einem sofort das Vertrauen, das hier viel mehr gehen würde…wenn man dürfte.
Was für leichten Stress sorgte, war die elektronische Handbremse (warum macht man so was?).
Ich hatte recht eng hangaufwärts zwischen zwei Autos eingeparkt. Das ging rückwärts ohne Problem und Rumrangiererei in einem Zug, dank der kompakten Abmessungen, der noch recht guten Übersicht und der Rückfahrkamera.
Aber beim Ausparken muss man die Handbremse natürlich lösen, die Hillhold-Funktion hält einen kurz fest und dann muss man hangaufwärts losfahren. Und das ist mit der oben erwähnten leichten Anfahrschwäche nach rund 30 Kilometern Eingewöhnung nicht ganz einfach, d.h. Achtung: „Nicht zurückrollen oder dem vorne dran mit zu viel Gas draufrauschen“.
Sicher ist das mit etwas mehr Fahrpraxis aber zu beherrschen.
Noch was zur Karosserie: Die Übersicht ist trotz der höheren Seitenlinie immer noch ganz gut, wie schon ist die Karosse erwähnt supersteif und beim Offenfahren gibt es leichten Wind im Innenraum. Das ist auch gut so, und nicht völlig isoliert wie bei manchen anderen Herstellern. Auch finde ich den vorderen Kofferraum durchaus als nutzbar.
Was mir noch auffiel: Das Auto war knapp 2Jahre alt und hatte kein DAB+-Radio und kein Apple-Carplay oder Android-Auto.
Weil die Vernetzung von smartphones und Auto immer mehr voranschreitet, muss man sich im klaren sein, dass die Lebenszyklen von Autos (10-15 Jahre) und smartphones (2-3) komplett unterschiedlich sind. D.h. nach 2-3 Jahren ist mein Infotainmentsystem im Auto veraltet, obwohl das Auto selbst noch neuwertig ist. Hier einfach was neues einbauen ist durch die Vernetzung kaum möglich/sinnvoll, dass sollte man beim Kauf auch bedenken.
So, das war jetzt seit langem mal wieder ein Beitrag von mir unter dem Aspekt der Alltagstauglichkeit und weniger der Performance. Das Fazit der Probefahrt habe ich ja eigentlich schon oben im ersten Absatz geschrieben und will es nicht mehr wiederholen.
Noch ganz kurz: Im Frühjahr hatte ich die Gelegenheit einen Cayman GT4 zu fahren. Hier war das Déjà-vu-Erlebnis noch viel größer (Geräusche von Motor und Getriebe, Fahrwerkshärte, enge Sitze, Leistungsüberfluss im öffentlichen Verkehr). Der 718 ist für den Alltag auf alle Fälle das zu bevorzugende Auto.
Und weil ich weiss, wie genial sich die PDK's fahren, wäre das für den Strassenbetrieb dem Schalter sowieso vorzuziehen.